Geburtstagsgeschichten
1. Geschichte: Schwager Hannes ist am 31. Dezember in St. Andreasberg geboren. Die Leute dort und von dort legen Wert auf den Bergstadtcharakter. Und weil sie was Besonderes sind, feiert man jeden 31. Dezember mit einem Feuerwerk.
Erst nach dem Umzug der Familie begriff das arme Kerlchen, dass dies wunderschöne prächtige, knallende jährliche Spektakel zwischen Harz-Erde und Himmel gar nicht ihm gegolten hatte, sondern dem Zwischenraum zwischen den Jahren.
2. Geschichte: Tante Dora (Name kaum merkbar geändert). Pfarrersfrau auf der Schwäbischen Alb feierte ihre Geburtstage - gar nicht. Sie versuchte es jedes Mal. Leg meiner Mutter eine Karte bei und Dank ihr für mich, wies sie ihren Mann an, der tatsächlich bis aufs Predigen auf sie angewiesen war.
Oder ihren erwachsenen Kindern empfahl sie, „Oma eine Karte zu schreiben, wenn ihr mit mir zufrieden wart im letzten Lebensjahr." Tante Dora's gestörte Beziehung zu ihrem Geburtstag hing auch mit dessen Datum zusammen 25. Dezember.
Als Kind fielen für sie die Geschenke Heiligabend und zum Geburtstag zusammen und noch als Dreingabe glaubte sie der ganze Rummel gelte ihr und des Holz-Baby in der Krippe im elterlichen Pfarrhaus sei ihr Spielzeug.
3. Geschichte Großonkel Rudolf hingegen feierte jedes Jahr drei Geburtstage. Genauer Er legte die jährlichen Familientreffen/Onkel, Tanten, Cousinen. Vettern. sechs eigene Geschwister mit ihren Gören und deren Gören, (insgesamt immer zirka 30 Personen) auf seinen Geburtstag. Mit An- und Abreise am immer gleichen Heidehotel („Erica") kam dabei eine dreitägige Jause für ihn heraus. Onkel Rudolfs Geburtstage lagen Mitte September. Ein positives Beispiel
Meine Großmutter pflegte bei dem negativen Thema aufeinanderprallender Festtage ihr Pfeifen und das Nahen an der Nähmaschine kurz zu unterbrechen und auf die historischen Gegebenheiten der damaligen Familienplanung hinzuweisen.
„Kinderzeugen war eine sehr hohe Kunst", sagte sie und wies darauf hin, dass Männer sonst alles so genau terminierten. Nur dies nicht. Warum konnten sie damals nicht so kommen, die Männer, dass die Kinder zu geeigneteren Zeiten zur Welt kommen? Meine Großmutter nannte aufgrund ihrer Erfahrungswerte (sechs Kinder in sechs verschiedenen Monaten) als ideale Gebärmonate: August und September.
Ich liebte meine Großmutter. Gelangen mir die Geburten unserer Kinder ganz genau zu den von ihr empfohlenen Monaten deshalb? Jaja, natürlich, doch ja, die Mutter war schon auch daran beteiligt und das Kind auch.
Aber wer nun welche Anteile woran hat und warum, das ist völlig unwichtig
Schließlich ist nur das (Geburtstags-)Kind wichtig. Und dass es einen pflegeleichten Festtag feiern kann. Wenn auch leider immer seltener mit Kanon und Kerze frohmorgens am Bett Festessen mittags und Topfschlagen und Laurentia, liebe Laurentia mein nachmittags.
19. September 2000